Themen

 

Der Wald und die Künste:
"Kunst wächst im Wald von Saarbrücken..."

Zeitgenössische künstlerische Beschäftigungen mit dem Thema "Wald", "Urwald" und "Wildnis" ergänzen die bereits seit 2001 etablierten musikalischen und poetischen Formen der Waldinszenierung. In Pilotprojekten möchte die "WaldKunst Werkstatt" in den nächsten Jahren reflektierend auf die entstehende Urwaldsituation, die Landschaft des Saarkohlenwaldes und die Industrienatur mit LAND ART- und art in nature Projekten eine kreative und besucherorientierte Auseinandersetzung suchen.

Interessenten an der Arbeit der "WaldKunst Werkstatt" wenden sich bitte für weitere Informationen an die Waldkultur-Koordination. (info@waldkultur.de)

Der "Land Art" Workshop 2002

Schon 2002 fand im Saarkohlenwald mit einem Land Art Workshop zur Gestaltung der "Pappelwiese" eine Annäherung mit künstlerischen Formen an Kultur und Lebensraum des Waldes statt.

Dieser erste Workshop konzentrierte sich mit seinen 14 Akteurinnen und Akteuren auf die gemeinsame Gestaltung von Orten auf der in früherer Zeit vom Forsthaus Neuhaus angelegten und heute inmitten des Urwaldes gelegenen Pappelwiese als attraktive Schaustelle zum Prozess des Verschwindens bzw. Auf- oder Untergehens im Urwald.

Zum Leit-Thema "Die Anwesenheit des Abwesenden" entstanden in unterschiedlichen Techniken, Materialverwendung und Medien Arbeiten in eher vergänglicher Form; ein inszenierter "Spaziergang zur Pappelwiese" als Abschluss des Workshops fand beim Publikum grosses Intersse und Anklang, was bei den beteiligten Akteuren den Wunsch auf eine weitere Zusammenarbeit als Workshop-Gruppe über den Tag hinaus bestärkte.

Eine kleine Dokumentation der vielfach schon vergangenen Arbeiten finden sie hier: LandArt2002.pdf

Der Workshop "Wald & Kunst" 2003

Die Arbeiten mit Naturmaterialien des Waldes, der Kulturlanschaft und landschaftsbezogenen Inszenierungen standen auch 2003 wieder im Vordergrund der Arbeit, wenn auch das Ziel hier konkret vorgegeben war: ein Pfad abseits der vorhandenen Wege durch den entstehenden Urwald...

Neben den "klassischen Materialien" zum Thema wurden jedoch auch kommunikative Elemente entworfen, die sich mehr aus der Geschichte des Waldes als aus dem stofflichen Dogma von Holz und Erde als Baustoff des Waldes speisten.

Diese Hinwendung zum experimentellen Umgang mit Material reflektiert auch immer die zugrundeliegende Kommunikationsabsicht, Blicke und "Einsichten" in Geschichte , Gegenwart und zukünftige Entwicklung des Urwalds zu lenken. Kunst also auch als Mittel - nicht selbst-verliebter Zweck an sich.

 

Die Philosophie zum "Urwaldpfad": Kunst wächst im Wald

Anlass ist die für viele Besucher als Ausgangspunkt genutzte Haltestelle der Stadt-Bahn-Haltestelle Heinrichshaus und eine von dort ausgehende angemessene Zuwegung in und durch das Waldareal zur Scheune Neuhaus als Zentrum für Waldkultur und Ort vielfältiger Veranstaltungen zum Thema Wald, Wildnis und Naturerleben.
(siehe hierzu das Programm unter Scheune Neuhaus und "Wildniswochen")

Ziel dieses "Zugangs" zum Urwald ist aber auch ein weiteres, nämlich die Besucher des Urwaldes auf die ihm angemessene Weise bzw "art" in seine Reize einzubeziehen, intensive Naturerfahrungen selbständig zu ermöglichen und eine Verringerung der im Alltag üblichen Geschwindigkeit durch sensible Systeme der Pfadführung zu erreichen.

So baut das Konzept eines Erschließungspfades des Urwaldes auf eine bewusste Abgrenzung zu den gemeinhin ausgewiesenen Wanderwegen als Promenadenwege mit bezeichnetem Wegeverlauf, die meist auf der Grundlage bereits existierender Forstrücke- oder transportwege verlaufen.

Während diese Wege im Urwald bereits vorhanden sind und einem auf komfortablen Gebrauch angewiesenen Publikum zur Verfügung stehen, sollen mit dem Pilotprojekt eines Urwaldpfades eher die fast unmerklich existierenden "Wegeführungen" von Wildwechseln in der Waldfläche nutzbar gemacht werden. Die Besucher gelangen auf Spuren und Fährten zu Naturdenkmalen, Baumsolitären und Relikten kulturhistorischer Elemente, die im Wald als Zeugen von Vergangenheit in guten und bösen Zeiten aufgebaut werden.

Reich ist der Saarkohlenwald aufgrund seiner Kohlengeschichte, der Bergbauhalden, Absinkweiher, Sumpfzonen und ausstreichenden Kohleflöze. Ebenso ist er aber auch gezeichnet durch Kriegseinwirkungen des ersten und zweiten Weltkrieges, die in vielerlei Formen in der Waldlandschaft und den Baumbeständen selbst Spuren hinterlassen haben und Erinnerungen bergen.

In einer Dramaturgie eigener art, die waldkulturelle und künstlerisches Arbeiten durch gemeinsame Praxis innerhalb eines Workshops vereinigt, entsteht im Großschutzgebiet "Urwald vor der Stadt" der Urwaldpfad als in dieser Form einzigartige Annäherung an Wildnis inmitten urbaner Lebensräume in einem verstädterten Ballungsgebiet.

Der Weg oder Pfad ist dabei das eigentliche Ziel des Erfahrens, Verweilens, Begreifens und tiefen Eintauchens in die vielfältigen Formen der Lebensgemeinschaften von Tier und Pflanze, in der der Mensch sich hier weniger als Außenseiter, denn als Teil der Waldlandschaft empfindet.

Die dabei notwendigen Elemente zur Orientierung und Wegeführung werden aus der Natur selbst entnommen - z.B. Totholz oder Rinde arrangiert, anfangs deutlicher, dann zunehmend diskreter und auf das Prinzip "beobachten" und (Lust am) "entdecken" aufgebaut.

Die damit einhergehende Sensibilisierung bei den Besuchern lässt auf dem Pfad immer mehr auf Inszeniertes verzichten und dem eigenen Entdecken des Wegeverlaufes Raum und Zeit.

Verweilen und Wahrnehmungs-Lernen anzuregen, ist das umweltpädagogische Ziel ohne aufdringliche Wissensvermittlung und Schildersysteme.

Vielmehr sollen künstlerisch inspirierte Blickfänge geschaffen und "Schauplätze" eingerichtet werden. An Stellen ohne natürliche Kenntlichkeit eines Wildwechsels dienen Installationen aus Naturmaterialien als Wegweiser und Verweilstationen.

Strukturüberlegungen zum Urwaldpfad

Die Elemente

Wegweisung und Wegefindung

Der Weg soll kenntlich sein, aber zunehmend weniger Mitteln sollen dafür benutzt werden. Das Auge und die Lust der Pfad-Finder sollen angeregt werden. Gefahr: am Anfang zu schwierige Orientierung. Daher klare Einstiegssituation und lückenlose Blickkontakte von einem zum nächsten Blickpunkt

Blickpunkt
Blickpunkte werden geschaffen und in der Reihe ergeben sie die Stationen des Pfades. Sie sind aber nichts dem Wald fremdes, sie sind stofflich Wald, Baum, Pflanze und komplettieren den Pfad und lenken den Blick auf Sehenswertes, das nicht offensichtlich ist.

Vielfalt der Blickpunkte
Es gibt schon eine Vielzahl von Ideen Blickpunkte zu schaffen. Legungen und Schichtungen, Stamm-Mikado, Rindenfahnen, Efeu-Fransen etc. Die Vielfalt der Formen der Wegelenkung und Blickrichtungen schulen den Blick der Pfad-Finder.


Natürliche Pfade der Tiere

Die wertvollsten Orientierungen sind die für das erfahrene Auge erkennbaren Spuren der Waldbewohner, die Wildwechsel der Tiere. Sie in den Weg zu integrieren, ist eine wichtige Aufgabe und damit auch die Sensibilisierung der Pfad-Finder für das Erkennen der Wechsel im Wald. Dazu gehört günstiges Licht, aber vor allem auch langsames Annähern und beobachten lernen. Das ist eigentlich der Zweck. Sich möglichst lange und genussvoll auf dem Weg entlangzubewegen und sehen und beobachten zu lernen und selbst stiller Teil des Waldes zu werden. Der Wald belohnt einen dafür.

Der Pfad ist für diesen Prozess die Dramaturgie; der Weg das eigentliche Ziel.

Sprechende Orte oder Akkupunktur-Nadeln auf dem Pfad

Sie sind einzigartige, gestaltete Orte, z. B. von der Natur inszeniert als vom Blitz gekappte Eiche, deren Krone aufrecht neben dem Stamm steht. Oder Orte, die durch menschliches Tun gestaltet wurden, z.B. die Spuren der Arbeit, die wir oft als natürlich empfinden. Halden sind solche Gebilde, denen wir in unterschiedlichster Form begegnen. Aber auch der Umgang mit Abfall im Wald beschert uns kleine Einblicke in Abgründe, wie der eingewachsene Autoreifen am Pfad-Einstieg.

An diesen Orten sollten wir eine Art Zuhörerschaft für die sprechenden Orte schaffen oder zumindest bewusste Wahr-Nehmer dieser Orte sein. Die Art, das zu machen, ist ein wichtiger Teil der Arbeit am Pfad und strategischer Schlüssel zum gesamten Urwald.

Diese Orte regen gleich Akkupunkturnadeln den gesamten Pfad und die Besucher an.

 

Die Durchführung des Workshops

Innerhalb des Gemeinschaftsprojektes der Partner Ministerium für Umwelt, SaarForst Landesbetrieb und Scheune Neuhaus - Zentrum für Waldkultur lag die Leitung beim Team von Thomas Engelhardt, Herbert Nagel und Lothar Wilhelm als Koordinatoren.

Neben dem SaarForst Landesbetrieb und dem Ministerium für Umwelt des Saarlandes trug in diesem Jahr auch das Projekt "Sustainable and Accessible Urban Landscapes - SAUL" zur Realisierung des Vorhabens bei.

Die Realisierung konzentrierte sich auf die Workshopzeit von 15. - 24. August 2003, flankierende Maßnahmen wie Website-Informationen liefen bereits im Vorfeld und mindestens noch bis zum Jahresende.

Die 13 Teilnehmer kamen aus künstlerischen, kunsthandwerklichen wie pädagogischen Bereichen, aus Theater und Musik mit jeweils starker Orientierung auf Landschaft, Natur und Wald im speziellen. Regionale Herkunft wie internationale Teilnehmerschaft, Kenntnis des Saarkohlenwaldes wie erstmalige Auseinandersetzung mit einem Urwald der Zukunft machen Workshoparbeit immer zu einem besonders spannenden Schaffensprozess.

Anlässlich einer Waldvernissage am Sonntag, dem 24. August 2003, wurde der "Urwaldpfad" zusammen mit dem Umweltminister Stefan Mörsdorf erstmalig begangen und damit der Presse und Öffentlichkeit übergeben.